12. März 2015

Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Stadt Andernach — Rede von Hans-Georg Hansen in der Stadtratssitzung vom 12.03.2015

Sehr sehr geehr­ter Herr Oberbürgermeister,
mei­ne Damen und Herren,

der Bericht des Rech­nungs­hofs vom 3. Dezem­ber 2014 über die Prü­fung der Haus­halts- und Wirt­schafts­füh­rung der Stadt Ander­nach ist nicht nur vom Umfang her schwe­rer Stoff.

Ich ken­ne Rats­kol­le­gen, die nach der Hälf­te der Lek­tü­re die­ses Berichts kei­ne Lust mehr gehabt hat­ten wei­ter­zu­le­sen, weil sie über die dort kri­ti­sier­ten Punk­te zu scho­ckiert waren. „Ohr­fei­ge“ hat die RZ das heu­te genannt. Und ich kann mir den­ken, dass es auch inner­halb der Ver­wal­tung bei den Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern, die von man­chen Prüf­fest­stel­lun­gen betrof­fen waren, nicht nur Freu­den­trä­nen gege­ben hat. Man­cher mag sich unver­stan­den und und zu Unrecht an den Pran­ger gestellt fühlen.

Zen­tra­le Auf­ga­be des Rech­nungs­hofs Rhein­­land-Pfalz ist es, die gesam­te Haus­halts- und Wirt­schafts­füh­rung des Lan­des Rhein­­land-Pfalz sowie der Gemein­den und Gemein­de­ver­bän­de samt ihrer Betrie­be auf eine wirt­schaft­li­che, spar­sa­me und bestim­mungs­ge­mä­ße Ver­wal­tung und Ver­wen­dung öffent­li­cher Gel­der hin zu über­prü­fen“, so die HP des Rech­nungs­ho­fes RP

Jen­seits aller Emo­tio­nen, soll­ten wir nüch­tern den Bericht des Rech­nungs­hofs, auch in sei­ner Kri­tik an Ver­fah­rens­wei­sen und ein­zel­nen Bean­stan­dun­gen, anneh­men und als Chan­ce begrei­fen, eine wirt­schaft­li­che, spar­sa­me und bestim­mungs­ge­mä­ße Ver­wal­tung und Ver­wen­dung öffent­li­cher Gel­der auch durch die Stadt­ver­wal­tung sicher zu stellen.

Der Bericht ent­hält Ein­zel­punk­te, wo in der Ver­gan­gen­heit Schä­den ent­stan­den sind, Hin­wei­se zu struk­tu­rel­len Pro­ble­men, aber auch zu Ent­schei­dun­gen, die durch die Poli­tik zu tref­fen sind. Nicht jede die­ser Anre­gun­gen hal­ten wir für sinn­voll. Die Anre­gung zum Bei­spiel, die Stra­ßen­rei­ni­gung in man­chen Stra­ßen auf die Bür­ger zu über­tra­gen, hal­ten wir für nicht ziel­füh­rend. Ent­ge­gen dem Vor­schlag des Rech­nungs­hofs soll­ten wir auch den Win­ter­dienst nicht redu­zie­ren — wenn denn mal wirk­lich Win­ter ist. Auch an der Schuld­ner­be­ra­tung vor Ort wol­len wir fest­hal­ten, wenn sich der zustän­di­ge Kreis an den Kos­ten beteiligt.

Der Bericht wirft auch ein schar­fes Licht auf die städ­ti­schen Gesell­schaf­ten. Einen Punkt in der Per­spek­ti­ve gGmbH hat die RZ ja heu­te schon aufgegriffen. 

Neue Aktua­li­tät hat durch den Bericht die Dis­kus­si­on gefun­den, in wel­cher Orga­ni­sa­ti­ons­form die bis­lang als GmbH von Andernach.net ver­rich­te­ten Auf­ga­ben im Tou­ris­mus und Wirt­schafts­för­de­rung durch­ge­führt wer­den. Wenn allei­ne durch die Orga­ni­sa­ti­ons­form als GmbH jähr­li­che ver­meid­ba­re Kos­ten von 19.000 € anfal­len fragt der Rech­nungs­hof aus unse­rer Sicht zu Recht, wo inso­weit die Effi­zi­enz­ge­win­ne lie­gen. Durch die Par­al­lel­ar­beit einer­seits im Bereich der Stadt­ver­wal­tung und ande­rer­seits im Bereich der GmbH befürch­ten Im Gegen­teil wir, dass der Infor­ma­ti­ons­aus­tausch erschwert ist. 

Ich ver­mag der­zeit jeden­falls kei­nen Grund zu erken­nen, war­um die in Andernach.net gut geleis­te­te Arbeit nicht eben­so gut mit dem glei­chen Mit­ar­bei­ter­stamm als Amt oder Abtei­lung in der Stadt­ver­wal­tung geleis­tet wer­den könnte. 

Was die Ein­zel­prü­fun­gen angeht ste­hen für mich zunächst ein­mal nicht die Punk­te im Vor­der­grund, in denen aus wel­chen Grün­den auch immer, durch Feh­ler Schä­den für die Stadt ent­stan­den sind. Wenn man die ein­zel­nen Anmer­kun­gen des Berichts und der Stel­lung­nah­me der Ver­wal­tung ein­mal durch­rech­net, kommt man auf ca. 403.000 € an bezif­fer­tem Scha­den. Viel Geld! Sicher. Wenn man aber bedenkt, dass der Ergeb­nis­haus­halt für die­ses Jahr allein 77 Mio Euro auf­weist, rela­ti­viert sich das. Man­ches davon wird und hat die Eigen­scha­den­ver­si­che­rung bereits über­nom­men, man­ches nicht. Inso­weit for­dern wir die Ver­wal­tung auf, zeit­nah noch im Lau­fe die­sen Jah­res über die Abwick­lung der ein­zel­nen Posi­tio­nen zu berich­ten, in denen Schä­den zulas­ten der Stadt ent­stan­den sind, wie und ob die­se aus­ge­gli­chen wurden.

Feh­ler pas­sie­ren. Jedem von uns. Ent­schei­dend ist, ob man dar­aus lernt. 

Wich­tig erscheint es mir des­halb, aus­zu­wer­ten wo im Bericht des Rech­nungs­hofs struk­tu­rel­le Män­gel auf­ge­zeigt wer­den, wo Richt­li­ni­en feh­len, wo ein­ge­schlif­fe­ne Ver­wal­tungs­ab­läu­fe zu Risi­ken füh­ren kön­nen. Ins­be­son­de­re im Bereich der Stadt­kas­se, des Voll­stre­ckungs­we­sens, des Sozi­al- und Jugend­am­tes ent­hält der Bericht des Rech­nungs­hofs zahl­rei­che Hinweise. 

Las­sen Sie mich eini­ge nennen:
• Eine ord­nungs­ge­mä­ße und effek­ti­ve Über­wa­chung der Ein­zie­hung von For­de­run­gen sowie die Erhe­bung von Stun­dungs­zin­sen und Säum­nis­zu­schlä­gen durch das Jugend­amt waren nicht gewährleistet.
• Eine Prü­fung der Recht­mä­ßig­keit von Kos­ten­er­stat­tungs­for­de­run­gen von erstat­tungs­be­rech­ti­gen Kos­ten­trä­gern unterblieb.
• Im Bereich der Sozi­al­hil­fe ver­zich­te­te die Ver­wal­tung regel­mä­ßig bei Anga­ben, es sei kein Ver­mö­gen vor­han­den, auf die Vor­la­ge von Bele­gen oder eine sons­ti­ge Über­prü­fung. Kein Wun­der: denn der Antrags­fra­ge­bo­gen ent­hielt nicht sämt­li­che rele­van­te Fragen.

Ich will es dabei bewen­den las­sen. Es gibt meh­re­re ähn­li­che Bean­stan­dun­gen. Was ich aber begrü­ße ist, dass die Ver­wal­tung dar­auf reagiert und den Bean­stan­dun­gen bereits weit­ge­hend durch die For­mu­lie­rung von Richt­li­ni­en und Ände­rung von For­mu­la­ren ent­spro­chen hat, wie sich aus dem Bericht ergibt. Ande­re Punk­te sind noch offen.

Des­we­gen stim­men wir auch zu, wenn auf Vor­schlag der Ver­wal­tung ein exter­nes Bera­tungs­in­sti­tut eine Stel­len­plan­be­wer­tung vor­neh­men soll. Nur ansatz­wei­se lässt sich dem Rech­nungs­hof­be­richt ent­neh­men, dass es in ein­zel­nen Tei­len der Ver­wal­tung bzw. der Gesell­schaf­ten Über‑, und anders­wo Unter­be­set­zun­gen zu geben scheint, zumal nicht alle Bereich der Ver­wal­tung geprüft wor­den sind. Wir schla­gen des­halb vor, dies um eine Orga­ni­sa­ti­ons­un­ter­su­chung zu erwei­tern. Zur Auf­stel­lung des Stel­len­pla­nes ist aus unse­rer Sicht es nicht aus­rei­chend zu wis­sen, wie die Stel­len etwa nach Tarif­ver­trag zu bewer­ten sind, son­dern ob bzw. wie die Orga­ni­sa­ti­on und die Abläu­fe inner­halb der Ver­wal­tung wei­ter ver­bes­sert wer­den kön­nen. Da scheint es, liest man den Bericht des Rech­nungs­hofs kri­tisch, noch Luft nach oben zu geben.

Ins­ge­samt begrü­ßen wir die durch den Rech­nungs­hof ange­sto­ße­ne Dis­kus­si­on und die Prüf­fest­stel­lun­gen als Chan­ce für die Stadt­ver­wal­tung und die städ­ti­schen Gesell­schaf­ten, noch bes­ser und effi­zi­en­ter zu werden.