11. Sep­tem­ber 2012

Rede zu TOP 7: Abschluss der Stadtsanierung Andernachs — Hans-Georg Hansen

Sehr geehr­ter Ober­bür­ger­meis­ter, sehr geehr­ter Herr Bürgermeister,

als ich 1974 zum ers­ten Mal zum Stadt­rat kan­di­dier­te, hät­te ich mir nicht träu­men las­sen, dass erst so vie­le Jah­re spä­ter ein­mal der Punkt erreicht wird, an dem die Alt­stadt­sa­nie­rung abge­schlos­sen ist, und dass alle mit dem Ergeb­nis zufrie­den sind.
Die Geschich­te der Alt­stadt Sanie­rung Ander­nachs ist eine Geschich­te von erbit­ter­ten poli­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zun­gen, gro­ßer Hek­tik, viel Auf­schwung, viel Neu­em, nicht enden wol­len­dem Streit im Stadtrat.

Als es etwa 1974 mit der Alt­stadt­sa­nie­rung los­ging, bestand zunächst Einig­keit, dass unse­re ver­schla­fe­ne Bäcker­jun­gen­stadt einem Moder­ni­sie­rungs­schub nötig hat­te. Der Markt­platz und die Innen­stadt waren vol­ler Autos, die Geschäfts­welt in der Innen­stadt litt unter einem Kun­­den- und Besu­cher­rück­gang. Zwar nann­te man das damals noch nicht so, aber selbst 1974 wur­de schon ein Zen­tra­li­täts­in­dex ermit­telt. Danach war der Ein­zel­han­dels­um­satz in Ander­nach weit unter die Kauf­kraft der Ander­na­cher gesun­ken. In der Alt­stadt gab es noch zahl­rei­che Fabri­ken, zum Bei­spiel Masa, eine Hafer­müh­le und Malz­fa­bri­ken wie Düs­ter­wald&Till­mann in der Gar­ten­stra­ße, und bis vor weni­gen Jah­ren noch Weissheimer. 

Mit Ober­bür­ger­meis­ter Dr. Küff­mann und Bür­ger­meis­ter Gün­ther an der Stadt­spit­ze ging man dar­an, die Fuß­gän­ger­zo­ne zu schaf­fen, die Autos vom Markt und aus der Alt­stadt zu ver­ban­nen, Indus­trie aus der Alt­stadt aus­zu­sie­deln, Stra­ßen und Plät­ze neu zu gestal­ten. Neu ent­stan­den die Tief­ga­ra­ge, das Park­haus am Stadt­gra­ben, das Neue Rat­haus, aber auch die Mit­tel­rhein­hal­le. Auch die Sanie­rung des Gebäu­des, in dem wir uns jetzt befin­den sowie der Neu­bau der Stadt­bü­che­rei wur­den erst mit der Alt­stadt­sa­nie­rung ermög­licht. Als weg­wei­send für die dama­li­ge Zeit und aus­schlag­ge­bend für einen Auf­schwung in der Innen­stadt, heu­te sagt man Leucht­turm­pro­jekt, soll­te sich die Ansied­lung des Kauf­hau­ses Hor­ten erwei­sen. Gleich­zei­tig wur­den die Stadt­mau­er frei­ge­legt, aber auch die Ver­kehrs­be­zie­hun­gen in der Innen­stadt ins­ge­samt neu geord­net. Die Sperr­holz­wer­ke ver­schwan­den, neue Wohn­ge­bie­te am Ran­de der Alt­stadt entstanden.

Das alles gab es nicht zum Null­ta­rif: Neben finan­zi­el­len Kos­ten in Höhe von knapp 30 Mil­lio­nen €, von denen in die Stadt allei­ne und 10 Mil­lio­nen € zu tra­gen hat­te, erfor­der­te die Alt­stadt­sa­nie­rung über vie­le, vie­le Jah­re einen enor­men büro­kra­ti­schen Auf­wand sei­tens der Ver­wal­tung und der Mit­ar­bei­ter, aber auch eine kräf­te­zeh­ren­de Über­zeu­gungs­ar­beit in der Poli­tik und nicht zuletzt gegen­über den betrof­fe­nen Bür­ger in der Innen­stadt. Das zeig­te sich teil­wei­se in einem ver­gif­te­ten poli­ti­schen Kli­ma, mit Gerichts­ver­fah­ren aus dem Rat, aber auch aus der Bür­ger­schaft. Ent­schei­dun­gen im Rat gab es nur nach Kampf­ab­stim­mun­gen, beglei­tet von einer die Grä­ben eher ver­tie­fen­den Pres­se und Öffentlichkeitsarbeit.

In der Rück­schau wird man sagen kön­nen, dass die als Stadt­sa­nie­rung Ander­nach enor­mer Kraft­akt, aber auch ein Rie­sen Erfolg gewor­den ist.

Natür­lich gibt es Punk­te, bei denen man aus heu­ti­ger Sicht an den dama­li­gen Ent­schei­dun­gen zwei­feln kann. Etwa wenn ich an die Fas­sa­de der ehe­ma­li­gen Hirsch­apo­the­ke auf dem Markt den­ke, die lei­der all­zu leicht­fer­tig geop­fert wur­de, oder an das ein oder ande­re Gebäu­de, das ver­schwun­den ist. Es mag auch ande­re Bei­spie­le geben. So beklagt Pro­fes­sor Heyen nicht zu Unrecht in sei­nem Buch zur Geschich­te Ander­nachs „die dyna­mi­sche, manch­mal aber wohl auch all­zu ent­schlos­se­ne Durch­füh­rung der Sanie­rungs­maß­nah­men, wo ein bedäch­ti­ges Abwä­gen womög­lich doch noch eine kom­pro­miss­fä­hi­ge Lösung mit grö­ße­rer Scho­nung hät­te fin­den kön­nen: frei­lich hät­te dann die Gefahr bestand, dass man­ches ganz auf der Stre­cke geblie­ben und über ande­re Mög­lich­kei­ten noch über Jah­re hin dis­ku­tiert wor­den wäre.“

Ande­rer­seits: Wer woll­te heu­te noch das Rad zurück dre­hen? Wir kön­nen froh sein, dass — trotz allem Streit in der Ver­­­gan­­gen­heit- die Alt­stadt­sa­nie­rung für Ander­nach so gut gelun­gen ist und für unse­re Stadt und Bür­ger­schaft ein Er-folg gebracht gewor­den ist. 

Heu­te gibt es neue Auf­ga­ben, wenn ich etwa an die Sanie­rung der west­li­chen Alt­stadt den­ke, wo wir vor neu­en Her­aus­for­de­run­gen ste­hen. Und wie­der suchen wir Wege, die Kauf­kraft­bin­dung in der Innen­stadt zu stär­ken — wenn auch auf einem höhe­ren Niveau als vor 40 Jahren. 

Wir dan­ken der Stadt­ver­wal­tung, den ehe­ma­li­gen Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter, die über Jahr­zehn­te lang an der Alt­stadt­sa­nie­rung gear­bei­tet haben, aber auch den Bür­ge­rin­nen und Bür­ge­rin­nen, die die­sen Weg tat­kräf­tig beglei­tet haben.

Den­noch soll­ten wir, bei aller Freu­de über das Erreich­te, den Weg über fast 40 Jah­re Alt­stadt­sa­nie­rung Ander­nachs nicht ver­ges­sen. Des­halb schla­ge ich sei­tens der CDU Stadt­rats­frak­ti­on vor, den Abschluss der Alt­stadt­sa­nie­rung zum Anlass zu neh­men, eine ent­spre­chen­de Doku­men­ta­ti­on zu erstel­len, und even­tu­ell in Form einer Aus­stel­lung in Stadt­mu­se­um oder im His­to­ri­schen Rat­haus der Ein­woh­ner­schaft zu präsentieren.