Kindertagesstättenausbau 2013 — Rede Hans-Georg Hansen zu TOP 12, Stadtratssitzung 19.06.2012
Vor sechs Jahren einigte sich die große Koalition aus Union und SPD darauf, ab August 2013 einen Rechtsanspruch auf eine qualifizierte Kinderbetreuung für Kinder ab dem ersten Lebensjahr zu schaffen, ‑und im gleichen Gesetz ab dem Jahr 2013 ein Betreuungsgeld für die Eltern einzuführen, deren Kinder den Anspruch auf eine Kita-Betreuung wahrnehmen würden.
Es folgte ein sog. „Kita-Gipfel“, wo sich sich Bund, Länder und Kommunen, die auch die Kosten für den Ausbau gemeinsam zu tragen hatten, darauf verständigten, bis zum Jahr 2013 750.000 Betreuungsplätze für die unter Dreijährigen zu schaffen. Zu diesem Zeitpunkt gab es bundesweit erst 517.000 Plätze. Nach dem aktuellsten Bericht der Bundesregierung ist es bis jetzt gelungen, 100.000 Plätze bundesweit zu schaffen, es fehlen demnach also noch 133.000 Plätze. Dabei war man im Jahr 2007 von einer Betreuungsquote von etwa einem Drittel ausgegangen. Nun ist es zu befürchten, dass entgegen den ursprünglichen Annahmen weitaus mehr als nur ein Drittel der U2-Kinder ab August 2013 einen Kita-Platz nachfragen werden. Auch wenn diese Kinder teils noch gar nicht geboren sind, die ersten Anmeldungen an den Andernacher Kitas erfolgen schon.
Auch unser Jugendamt und die freien Träger haben in den letzten Jahren große und erfolgreiche Anstrengungen unternommen, die Kita-Plätze auszubauen, um spätestens ab 1. August 2013 den Rechtsanspruch auf eine Betreuung der „Unter-Zweijährigen Kinder“ erfüllen zu können. So wurden Kitas ausgebaut und neue Einrichtungen geschaffen.
Es sollte uns also nicht wie der Stadt Mainz ergehen, die unlängst von Verwaltungsgericht verurteilt wurde, über 2.300 Euro an Eltern zu zahlen, die ihr Kind in einer privaten Einrichtungen unterbringen mussten, weil es in Mainz keinen freien Kita-Platz gab.
Prognosen sind schwierig. Kommt es, wie der Städtetag vermutet, dass 50% und mehr der U2-Kinder angemeldet werden, dann kann auch nach den Berechnungen unseres Jugendamtes der Rechtsanspruch in Andernach nicht erfüllt werden. Selbst bei 40 % wird es schwer. Und das wird dann teuer. Teuer für die Stadt, teuer für die Eltern. Ganz abgesehen von den schwer zu begründenden Entscheidungen, welches Kind nun in eine Kita aufgenommen wird, und welches nicht.
Was ist also zu tun? Was wir brauchen ist ein Projekt „Kita 2013“. Dahin zielen unsere Anträge, und das ist auch das Bemühen des Jugendamtes. Hierüber hat die Verwaltung auf unseren Antrag im letzten JHA informiert. Was fehlte, waren Angaben zum Umfang und den Kosten der Tagespflege.
Denn erfreulicherweise stehen in Andernach ja auch einige Tagespflegekräfte zur Verfügung, insgesamt 10, wie wir der Vorlage entnehmen. Nur: wie viele Kinder können diese denn betreuen, wenn kein Kita-Platz bereitsteht? Nach jüngsten KiFö-Bericht der Bundesregierung werden im Durchschnitt knapp 2,9 Kinder von je einer „Tagesmutter“ betreut. Also könnten die 10 Tagespflegekräfte, die hier jetzt bereit stehen, knapp 30 Kinder betreuen.
Nach den Berechnungen des Jugendamtes besteht bei einer Bedarfsquote von 100 % der Zweijährigen und nur 40% der Einjährigen im August 2013 ein Ausbaubedarf von 109 Plätzen im Kindergarten- und 39 Plätzen im Krippenbe-reich, also für U2-Jährige, das wären 6 Kindergarten- und 3 Krippengruppen. Mit 10 Tagespflegekräften wäre das bei weitem nicht zu bewältigen. Wenn also nichts geschieht, stehen in einem Jahr selbst bei der günstigten Prognose die Eltern von etwa 110 Kindern vor den Türen der Kitas und dem Jugendamt, und pochen vergeblich auf einen gesetzlichen Betreuungsplatz.
Allerdings hilft es nicht, jetzt auf die Schnelle und kurzfristig einen neuen Kindergarten aus dem Boden zu stampfen, auch wenn darüber als eine Art „Plan B“ vorausschauend nachzudenken ist.
Was aus unserer Sicht jetzt notwendig ist, sind
• Gespräche mit den bestehenden Einrichtungen, ob das Betreuungsangebot ausgeweitet werden kann,
• Gespräche mit weiteren Firmen in Andernach, ob nicht Firmenkindergärten für die Firmen und deren Beschäftige ein Standortvorteil sein können (LTS und die RM-Fachklinik) haben das ja beispielhaft gezeigt)
• ein Appell an das Land, die Standards für die Kitas ‑vorübergehend- anzupassen, damit die Gruppengrößen flexibler gestaltet werden können,
• und eine massive Anwerbung und Ausbildung von Tagespflegekräften, damit zum 1. August 2013 eine flexible „Reserve“ bereit steht.
Und wenn dann Eltern ab August 2013 eine Tagespflege in Anspruch nehmen müssen, weil in den Andernacher Kitas kein Platz frei ist, dann darf das aus unserer Sicht nicht teurer sein als den Elternanteil, der für U2-Kindern zu zahlen ist. Wie soll man denn sonst den Eltern erklären, dass die Einen mehr für die Betreuung zahlen sollen als die Anderen?
Daher fordern wir das Jugendamt auf, die Zuschüsse für die Unterbringung von Kindern unter zwei Jahren in Tagespflege ab August 2013 dahingehend überprüfen und im JHA entsprechende Vorschläge zu machen.
In diesem Sinne und auf diesem Weg werden wird das Jugendamt gerne weiter begleiten und unterstützen.